1. IMAP: Vor kurzem lief im Rahmen der Fortschreibung der Integrationsarbeit in Ingelheim eine Umfrage bei der Bevölkerung und bei den Integrationsakteuren. Wie kam es dazu, dass sich die Stadt für diese Umfrage entschieden hat?
Fr. Dr. Gillebeert: Uns ist es ein großes Anliegen die Bevölkerung in dem Fortschreibungsprozess mit einzubeziehen. Denn ein wichtiger Baustein unserer Integrations- und Vielfaltsarbeit ist Partizipation und Befähigung durch Information und Dialog. Integration gelingt nur, wenn ALLE Bürgerinnen und Bürger teilhaben, wenn ALLE Bürgerinnen und Bürger gehört werden und eine Diskussion über gelingende Integration, über das Zusammenleben in Ingelheim und über eine Politik, die dafür gute Rahmenbedingungen setzt, ermöglicht wird. Diese Diskussion zu führen und durch die Befragungsergebnisse voran zu bringen, war ein zentrales Ziel der Onlinebefragung. Unsere Hoffnung war, dass viele sich über die Onlinebefragung dazu anregen lassen.
2. IMAP: Was sind aus Ihrer Sicht die Vorteile einer Onlineumfrage?
Fr. Dr. Gillebeert: Ich sehe 4 Vorteile:
1. Es ist eine Ort- und zeitunabhängige Befragungsmöglichkeit. Darüber hinaus machen Smartphones der Zugang ins mobile Internet jederzeit möglich, sodass Teilnehmer den Fragebogen auch unterwegs ausfüllen können, z.B. in einem Sprachkurs, bei einer Veranstaltung, etc.
2. Mit der Onlinebefragung erreicht man andere Zielgruppen als mit anderen Dialogformaten. Insbesondere internetaffine Personen lassen sich über Online-Befragungen besser erreichen.
3. Online-Befragungen erfolgen freiwillig und anonym; sie sind flexibel zu handhaben. Deshalb haben sie eine große Akzeptanz bei den Befragten.
4. Die Befragung lässt sich schneller und unkomplizierter auswerten, da alle Antworten bereits online im System zur Verfügung stehen und nicht erst übertragen werden müssen. Die Ergebnisse stehen zudem in Echtzeit zur Verfügung und ermöglichen zu jedem Zeitpunkt eine Präsentation der Zwischenergebnisse und ein zeitnahes Reagieren.
3. IMAP: Welche wichtigsten Erkenntnisse zieht die Stadt Ingelheim aus der Umfrage?
Fr. Dr. Gillebeert: Die Ergebnisse haben gezeigt, dass die befragten Ingelheimerinnen und Ingelheimer zufrieden sind und Ingelheim bereits sehr gut aufgestellt ist: es gibt viele gute Ressourcen und Angebote um Integration gut zu gestalten. Besonders der Bildungs- und Lebensstandard wird von der Bevölkerung sehr hoch eingeschätzt. Nun gilt es daran anzuknüpfen: gute Angebote sollen verstetigt und noch besser bekannt gemacht werden. Neue Wege zur Informationsweitergabe sollen entwickelt werden. Ebenfalls besteht eine zukünftige Aufgabe darin Jugendliche, Einwohner aus den zukünftig neuen Stadtteilen und Menschen mit Migrationshintergrund noch besser in den Angeboten mit einzubeziehen. Es gilt an dem angefangenen Prozess der interkulturellen Öffnung weiterzuarbeiten. Das Ehrenamt ist aus Sicht der Akteure ein starker Partner in der Integrationsarbeit. Das Ehrenamt möchten wir deshalb weiterhin stärken. Arbeits-und Wohnungsvermittlung wurden als Schwerpunktbedarfe herausgestellt. Die Erkenntnisse in diesem Bereich werden wir im Demographie- und Stadtentwicklungsprozess der Stadt einfließen lassen. Viele konkrete Ideen für Projekte und Veranstaltungen, die wir über die Onlinebefragung bekommen haben, werden wir in unserer Arbeit aufgreifen.
4. IMAP: Was kann eine solche qualitative Umfrage aus Ihrer Sicht nicht erfassen?
Fr. Dr. Gillebeert: Die Onlinebefragung bringt keine repräsentativen Ergebnisse hervor. Sie ermöglicht eine Momentaufnahme eines Meinungsbilds von denjenigen, die bereit sind mitzumachen. Außerdem kann die Onlinebefragung keine Face-to-face Dialoge ersetzen.
5. IMAP: Welche drei Tipps würden Sie anderen Integrationsbeauftragten in der Umsetzung einer solchen Umfrage geben?
Fr. Dr. Gillebeert: Erstens ist es wichtig viel Zeit zu investieren in der Bewerbung der Onlinebefragung. Dazu gehört auch, dass man über Multiplikatoren die Zielgruppe anspricht und motiviert sowie dass man über einen Zufallsgenerator Bürgerinnen und Bürger anschreibt mitzumachen. Zweitens sollte man sich im Vorfeld genau überlegen was die Ziele der Onlinebefragung sind und was man herausfinden möchte. Die Fragestellungen sind zentral. Drittens ist es wichtig transparent über die Ergebnisse und die Umsetzung bei der Bevölkerung zu berichten. Es ist von großer Bedeutung, dass die Bürgerinnen und Bürger erleben und erfahren, dass es sich gelohnt hat, Zeit zu investieren.