Fachkräftemangel – mittlerweile ein in Deutschland häufig verwendetes Schlagwort, denn in verschiedensten Branchen fehlen qualifizierte Arbeitnehmer*innen. Besonders dramatisch erscheint die Situation im Pflegebereich: Die deutsche Bevölkerung altert – nach Prognosen des Statistischen Bundesamts werden 2060 über 30 Prozent der Menschen älter als 65 Jahre sein – und damit steigt auch die Anzahl an Personen mit Pflegebedarf.[1] Während im Dezember 2017 noch 3,41 Millionen Menschen in Deutschland pflegebedürftig waren, prognostiziert das Institut der deutschen Wirtschaft für das Jahr 2035 eine Zahl von 4 Millionen Pflegebedürftigen.[2] Um diese Menschen angemessen zu versorgen, werden laut der Studie eine halbe Million Pflegekräfte gebraucht, doch schon heute fehlen qualifizierte Bewerber*innen.
Die Engpassanalyse vom Mai 2019 der Bundesagentur für Arbeit zeigt: Für 100 offene Stellen in der Altenpflege finden sich gerade einmal 27 Bewerber*innen, Tendenz sinkend.[3] Um auf den sich weiter zuspitzenden Fachkräftemangel zu reagieren, werden vermehrt Pflegefachkräfte aus dem Ausland angeworben. Mit Erfolg: zwischen 2012 und 2017 ist die Zahl der Fachkräfte für Pflege mit ausländischer Staatsangehörigkeit laut einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung um fast das Sechsfache gestiegen.[4] Das kürzlich durch den Bundestag beschlossene Fachkräfteeinwanderungsgesetz soll nun insbesondere Menschen aus Drittstaaten den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt weiter erleichtern.
Damit stehen Pflegeeinrichtungen vor neuen Herausforderungen, denn sie werden zu Orten an denen verschiedene Kulturen zusammentreffen – ein angemessener Umgang mit Diversität und Sensibilität gegenüber kulturellen Prägungen gewinnen somit an Bedeutung. Dies gilt nicht nur im Hinblick auf die Anwerbung neuer Pflegekräfte aus Drittstaaten und die Verhinderung von Fluktuation, sondern auch für den Umgang mit einer zunehmenden kulturellen Vielfalt der Bewohner*innen der Einrichtungen. Denn laut dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hatten im Jahr 2017 bereits 11,5 Prozent der Menschen über 65 Jahre einen Migrationshintergrund; in den kommenden Jahren wird sich diese Zahl vermutlich mehr als verdoppeln.[5] Die Gewährleistung einer kultursensiblen Pflege wird somit in naher Zukunft zu einem entscheidenden Qualitätsmerkmal von Pflegeeinrichtungen.
Diesen interkulturellen Herausforderungen in der Pflegebranche begegnet IMAP mit dem neuen Projekt „Leuchttürme der Pflege“, das durch den europäischen Asyl-, Migrations-, und Integrationsfonds gefördert wird. Unter dem Motto „Interkulturell ausrichten. Personal binden. Integration fördern“ werden in den nächsten drei Jahren 15 Pflegeeinrichtungen als Pilotstandorte im Bereich Integration und Interkultureller Öffnung begleitet und beraten. Dabei kombiniert IMAP die individuelle Weiterentwicklung des jeweiligen Standorts mit einrichtungsübergreifenden Schulungen und Workshops. So soll ein Klima der interkulturellen Offenheit und Wertschätzung in der DNA der ausgewählten Piloteinrichtungen verankert werden – von den Bewohner*innen über die Pflegekräfte bis zur Leitungsebene. Mit einem kulturell diversen Team, das seine Potentiale gemeinsam entfaltet, steigt die Bindungskraft des Standortes für Pflegekräfte aus Drittstaaten. Gleichzeitig kann den Anforderungen einer zunehmend interkulturellen Bewohnerschaft erfolgreich begegnet werden, sodass kultursensible Pflege gelingt.
Für das Projekt, werden bundesweit 15 Piloteinrichtungen ausgewählt. Bis zum 13. September können Pflegeeinrichtungen ihr Interesse an der Förderung durch das Projekt bekunden, daran anschließend wird IMAP die Einrichtungen auswählen, die dann als Piloteinrichtungen an dem Projekt teilnehmen können und so zu lokalen Leuchttürmen der Integration und Interkulturellen Öffnung in der Pflege werden. Bei Interesse oder Fragen zu diesem Projekt wenden Sie sich gerne an:
Julia Schmidt
(0)211-513 69 73-23
[1] Statistisches Bundesamt (2019). Bevölkerungsvorausberechnung. Abgerufen am 22.07.2019 von https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bevoelkerung/Bevoe...
[2] Ärzte Zeitung online (2019). Bis 2035 wohl vier Millionen Pflegebedürftige. Abgerufen am 22.07.2019 von https://www.aerztezeitung.de/politik_gesellschaft/pflege/article/971150/...
[3] Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2019). Gemeldete Arbeitsstellen nach Berufen (Engpassanalyse) Mai 2019. Abgerufen am 22.07.2019 von https://statistik.arbeitsagentur.de/Statistikdaten/Detail/201905/analyse...
[4] Pütz, R. Kontos, M. Larsen, C. Rand, S. Ruokonen-Engler M. (2019). Betriebliche Integration von Pflegefachkräften aus dem Ausland. Hans-Böckler-Stiftung. Study Nr.416, Abgerufen am 22.07.2019 von https://www.boeckler.de/pdf/p_study_hbs_416.pdf
[5] Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (2019). Migrationsbericht der Bundesregierung 2016/2017. Abgerufen am 22.07.2019 von http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Migrationsbericht...